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Die Geschichte der Auswanderung in die USA

Im 19. Jahrhundert
verließen rund 52 Millionen Menschen Europa, davon etwa 32 Millionen Richtung USA. Zwischen 1850 und 1890 stellten Deutsche die größte Einwanderergruppe. Viele von ihnen waren qualifizierte Fachkräfte, die zur wirtschaftlichen Entwicklung der Vereinigten Staaten beitrugen.

 

Gegen Ende des Jahrhunderts änderten sich die Bedingungen:
Der Bedarf an deutschen Arbeitskräften sank, und die Lage in Deutschland verbesserte sich durch die Industrialisierung. Zwischen 1820 und 1899 wanderten dennoch etwa 5 Millionen Deutsche in die USA ein – mit einem Höhepunkt in den 1880er Jahren.


Eine dieser Auswandererfamilien war die Familie Zaunbrecher aus Nierstraß. Sie gehört zu den bedeutendsten deutschen  Siedlerfamilien von Louisiana.


Nicholas Joseph Zaunbrecher
Acht Generationen vor Nicholas war die Familie Zaunbrecher ursprünglich noch in Grotenrath, 3 km südlich von Nierstraß, ansässig. Dort lebten Mitte des 17. Jahrhunderts die drei Zaunbrecher-Brüder Paul, Arnold und Gerhard. Ein Bruder blieb in Grotenrath, einer ging nach Scherpenseel und einer zog nach Teveren, wo jeder ein Mädchen aus seinem neuen Dorf heiratete.

 

Nicholas' Großvater, Joseph Zaunbrecher aus Teveren, heiratete 1796 Magdalena Esser aus Gillrath und sie zogen in den Esser Bauernhof in Nierstraß. Wie bei vielen deutschen Familien, ging das Land von der Familie der Frau in den Besitz der Familie über.


Vor über 150 Jahren, am 13. November 1865, heiratete in Waldenrath Nicholas Joseph Zaunbrecher aus Nierstraß die Maria Helena Leonards aus Schierwaldenrath, Tochter von Johann Wilhelm
Leonards (1814–1900) aus Pütt und Katharina Agnes Gielen (1823–1844) aus Schierwaldenrath.

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Nicholas Joseph Zaunbrecher und seine FrauMaria Helena Leonards

Nicholas und Helena kehrten nach Nierstraß zurück und lebten sechs Jahre lang in Nierstraß auf dem Zaunbrecher Bauernhof. Dort bekamen sie ihre ersten vier Kinder, von denen eins im Säuglingsalter starb. 1871 zog Nicholas mit der Familie nach Schierwaldenrath in die Oberstraße Nr. 6, wo seine Frau Eigentum besaß. In Schierwaldenrath bekamen Helena und Nikolaus sieben weitere Kinder, von denen vier starben. Helena musste fünf ihrer elf Kinder begraben.

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Das Geburtshaus von Nicholas Joseph Zaunbrecher (der eheamlige Esser-Bauernhof) in Nierstraß Rodebachstr. 43, damals (oben) und heute (unten).

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Die Bedingungen in Deutschland waren in den späten 1870er und frühen 1880er Jahren sehr schlecht. Die Wirtschaft hatte sich noch nicht von der Depression von 1873 erholt. Das Wetter in dieser Zeit war sehr schlecht, so dass es mehrere Jahre hintereinander zu Ernteausfällen kam. Es habe so viel geregnet, dass „die Felder
zu Schlammfeldern wurden und die Keller mit Wasser
vollgelaufen seien.“


Nicholas hatte 4 Söhne, die eigenes Land zur Bewirtschaftung benötigten und sie waren wehrpflichtig. Darüber hinaus  unterdrückte die Regierung von Reichskanzler Otto von Bismarck in den 1870er Jahren die Ausübung des katholischen Glaubens. Priesterseminare wurden geschlossen, und das Dorf Schierwaldenrath hatte fünf Jahre lang keinen Pfarrer.
 

Im Herbst 1881 hörte Nicholas von Pater Peter Leonard Thevis, der aus den USA zu Besuch bei seinem Bruder Jakob war, von der Möglichkeit, in Louisiana Land zu erwerben – bei voller Religionsfreiheit. So beschloss er, sich der Gruppe der Einwanderer anzuschließen, die im Herbst 1881 das Land Richtung USA verließen.
 

In den Pfarrbüchern von St. Anna in Schierwaldenrath schreibt der Pfarrer, dass in den Jahren 1881 und 1882 zehn Familien Schierwaldenrath verließen und in die Vereinigten Staaten gingen, um Land zu suchen.

 

Am 11. Oktober traf sich die Familie Zaunbrecher mit weiteren sieben Familien aus den umliegenden Dörfern und reiste mit dem Planwagen nach Simpelveld in den Niederlanden. Von dort ging es weiter mit dem Zug nach Antwerpen. Am nächsten Tag nahmen sie die Fähre nach Grimsby in England und fuhren mit dem Zug nach
Liverpool. Hier gingen sie an Bord des Frachters „SS Mississippi“ und stachen mit der Flut um 14 Uhr in See.

 

So begann eine fünfwöchige Reise nach New Orleans und weiter zu ihrem neuen Zuhause in Roberts Prairie (Lousiana), wo sie schließlich am 17. November 1881 ankamen. Dort entstand durch die deutschen Einwanderer die Siedlung „Roberts Cove“, die sich durch eine starke Bewahrung der deutschen Sprache und Kultur auszeichnetete.

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Die Lage von Roberts Cove in Lousiana (USA)

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Der Dampffrachter SS-Mississippi, der am 17. November 1881 212 Einwanderer von Liverpool nach New Orleans brachte.

Am 28. November 1881 kaufte Nicholas 213 Acres (1 acre = 0,4 ha) für 640 Dollar (3,00 Dollar pro Acre).


Die ersten Jahre des Baumwoll- und Maisanbaus waren aber nicht erfolgreich.
Doch Nicholas entwickelte sich zum Pionier im Reisanbau:

Er legte einen künstlichen See zur Bewässerung an und errichtete ein innovatives Deichsystem für die Reisfelder. Als einer der ersten in der Region baute er gezielt die Reissorte „Providence“ an und führte moderne Geräte wie eine dampfbetriebene Dreschmaschine und einen Binder ein.
 

So wurde er mit seiner Familie ein sehr erfolgreicher und wohlhabender Unternehmer.
 

Trotz seiner enormen Kräfte verbrachte Nicholas die letzten Jahre seines Lebens als Invalide und litt an Rheuma.
In seinen letzten Jahren lebte er mit seiner Tochter Anna und ihrem Ehemann William Goshen in einer eigens für ihn erbauten Villa.

 

Nicholas starb am 30. März 1918.
Seine Frau Helena folgte ihm acht Jahre später am 6. Mai 1926.


Viele Nachfahren der Zaunbrechers leben heute noch in der Region und sind in Wirtschaft, Kirche und Gemeindeleben aktiv.

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Familie Nicholas Joseph Zaunbrecher aufgenommen etwa 1888
Hintere Reihe: Wilhelm (1867 - 1922), Lorenz (1870 - 1954), Ehefrau Helena (geb. Leonards) (1844 - 1926), Theresa (1869 - 1933)

vordere Reihe: Karl (1876- 1950), Henry (1875 - 1944), August (1883-1919), Nicholas Joseph (1846 -1918), Anna (1878 - 1955)

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Das Wohnhaus von William (Wilhelm) Zaunbrecher, der älteste Sohn von
Nicholas Joseph

Man hatte es in Roberts Cove zu großem Wohlstand gebracht.

Nicholas Joseph besaß über 750 ha Ackerland und seine Söhne nochmal 500 ha.

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Wegen seiner rheumatoiden Arthritis verbrachte Nicholas Joseph die letzten 27 Jahre seines Lebens in einem Rollstuhl.
Er starb am 30. März 1918 und wurde auf dem Friedhof von St. Leo beigesetzt

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Pater Peter Leonard Thevis

war mehr als nur ein Priester – er war ein Visionär, der deutschen Familien half, religiöse Verfolgung und wirtschaftliche Not zu überwinden.
Seine persönlichen Kontakte und sein Vertrauen waren entscheidend dafür, dass Familien wie die Zaunbrechers den Mut fassten, ihre Heimat zu verlassen und in Louisiana eine neue deutsche Gemeinde zu gründen.

Pater Peter Leonard Thevis –
Der Wegbereiter der Auswanderung

 

Der katholische Priester Peter Leonard Thevis (1837–1901)
war eine Schlüsselfigur bei der deutschen Auswanderung nach Roberts Cove, Louisiana. Geboren in Langbroich, wanderte er bereits 1867 in die USA aus und wurde dort Seelsorger für deutschsprachige Katholiken im Süden Louisianas.


Im Herbst 1881 kehrte Pater Thevis für einen Besuch in seine Heimat zurück. Er war tief beunruhigt über die schwierige Lage vieler Familien: wirtschaftliche Not, schlechte Ernten, Religionsunterdrückung durch den „Kulturkampf“ unter Reichskanzler Bismarck und eine unsichere Zukunft für junge Männer, die Wehrdienst leisten sollten.


Er berichtete von freiem, fruchtbarem Land und religiöser Freiheit in den USA – und überzeugte mehrere Familien, ihm dorthin zu folgen. Auch Nicholas Joseph Zaunbrecher aus Nierstraß traf Thevis im Haus von dessen Bruder Jakob

– ein Gespräch, das zum Wendepunkt wurde.
 

Noch im selben Jahr, im Oktober 1881, brach eine Gruppe von acht Familien – darunter Thevis, Zaunbrecher und Schlicher – in die USA auf. Ihre Reise führte sie über Antwerpen, Liverpool und den Atlantik bis nach Roberts Cove, wo sie eine neue deutsch-katholische Siedlung gründeten.


Pater Thevis blieb Zeit seines Lebens geistlicher Mittelpunkt der Gemeinschaft und war maßgeblich an der Gründung der St. Leo's Church in Roberts Cove beteiligt. Sein Einsatz legte den Grundstein für eine blühende Gemeinde mit starken kulturellen Wurzeln – bis heute ein Zentrum deutscher Einwanderergeschichte in den USA.

797 Personen aus 102 Ortschaften

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des Kreises Heinsberg sind zwischen 1800 und 1900 in die Vereinigten Staaten von Amerika ausgewandert. Diese Auswanderungswelle war Teil einer größeren deutschen Auswanderungsbewegung, die im 19. Jahrhundert stattfand, wobei Deutsche die größte Gruppe unter den Einwanderern in die USA stellten.
 

Die Auswanderer im 19. Jh. aus unserer Pfarrgemeinde
Aus aus unserer Pfarrgemeinde sind drei Familien und ein einzelner Mann im 19. Jahrhundert in die USA ausgereist.


Neben der ausführlich beschrieben Familie von Nicholas Josef
Zaunbrecher
aus Nierstraß mit 8 Personen waren das noch:


1863 nach Nordamerika/Minnesota
Maria Catherina Latour geb. Zaunbrecher *1812 in Nierstraß, + 1903 Jackson /Minnesota
mit 6 Kindern, Schwiegersohn (Heinrich Josef Jansen) und Enkeltochter


1864 nach Nordamerika /Minnesota
Johann Mathias Vossen * 1835 in Gillrath
Christian Joseph Vossen *1817 in Gillrath, + 1901 Minnesota

Petronella Vossen geb. Loenigs (Koenigs)* 1820 in Gillrath,

+ 1890 Minnesota
mit 7 Kindern


1891 nach Nordamerika (Roberts Cove)
Josef Hubert Schaffhausen *1855 in Gillrath, + 1937 Louisiana

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Im Jahr 1885 wurde die Kirchengemeinde St. Leo IV gegründet. Jahrelang fanden auf dem von Eichen beschatteten Gelände der
kleinen katholischen Kirche St. Leo IV die Familientreffen der ursprünglichen deutschen Siedler statt.

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Das Germanfest
Seit 1956 halten viele Familien aus Roberts Cove Familientreffen ab. Bis 1995 waren die immer größer werdenden privaten
Familientreffen zu Ende gegangen, und es entstand das Germanfest, ein öffentliches Fest mit Familientreffen-Charakter
Das Germanfest bietet jedem die Möglichkeit, mehr über die historische Bedeutung von Roberts Cove und die einzigartige Kultur der Region zu erfahren

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Schon sehr früh setzte Nicholas Joseph moderne Maschinen wie eine dampfbetriebene Dreschmaschine und Binder zum Abernten
der Reisfelder ein.

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Um die Reisernte zum Mahlen nach New Orleans zu verschiffen, wurden bis 1886 die Reissäcke mit Wagen zum Bayou (Fluss) "Plaquemine Bruleé" transportiert, wo sie auf ein Schiff verladen und ein kurzes Stück flussabwärts transportiert wurden.
Anschließend wurden sie wieder auf Wagen verladen und an der Crowley-Weiche zur Eisenbahn gebracht, um von dort zum Mahlen nach New Orleans verschifft zu werden.
Um den umständlichen Transport über den Fluss einzusparen, baute Nicholas im Herbst 1886 eine Brücke über den Fluss, die zu Ehren
von Nicholas Zaunbrecher offiziell Zaunbrecher-Brücke genannt wurde

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